Der Yasukuni-Schrein und die Problematik der Schreinbesuche durch japanische Premierminister


Gegrüßt seid ihr, o unersetzliche Lesende! Ich bin etwas in Verzug geraten mit meinen Geschichten und Mythen aus dem Fernen Osten, habe aber gerade keine Lust, alles chronologisch nachzuarbeiten, also gibt es dieses Mal die hottesten News und Trends zuerst – exklusiv auf Schonys Blog.

Meine Bachelorarbeit

Bevor es losgeht, erzähle ich euch eine kleine Anekdote. Die Überschrift ist gleichzeitig der Titel meiner Bachelorarbeit, die ich vor vielen Millionen Jahren geschrieben habe. Was? Nein, nicht „Meine Bachelorarbeit“, die andere Überschrift! Sie handelt vom Yasukuni-Schrein. Ursprünglich wollte ich sie über Personenkulte in Japan schreiben. Da dies aber viel zu umfassend gewesen wäre, befolgte ich den Rat meiner Professorin damals, von der ich die Arbeit zuerst betreuuen lassen wollte, und präzisierte den Untersuchungsschwerpunkt Stück für Stück, bis mein Fokus auf dem Yasukuni-Schrein gelandet ist. Für diesen gab es genug Literatur zu finden und trotzdem konnte man das Thema gut eingrenzen. Beim Einlesen und Schreiben legte sich der Schwerpunkt irgendwie ganz von allein auf die politische Ebene, ohne dass ich etwas dagegen tun konnte. War jedoch überhaupt nicht schlimm, im Gegenteil, ich fand es sogar ziemlich interessant, sodass mir das Schreiben an der Bachelorarbeit vergleichsweise leicht fiel. Mein Zeitplan sah es vor, sie 2-3 Tage vor Fristende einzureichen. Doch es kam alles anders…

Ein alter Freund von mir überredete mich in der letzten Woche vor Abgabe, auf die Party seiner Eltern zu kommen. „Na gut“, sagte ich, „aber nur zwei Bier.“

Erst am übernächsten Tag war ich erneut dazu in der Lage, Buchstaben zu Wörtern zusammenzuketten. So kam es, dass ich praktisch zwei Tage an Zeit verlor und es, wie eigentlich üblich, doch wieder eine Last-Minute-Aktion wurde. Der Support von Freunden und Familie, die die einzelnen Abschnitte teilweise direkt nach ihrer Entstehung korrekturgelesen hatten, machte die Fertigstellung überhaupt erst möglich. Der letzte Tag war wirklich nervenaufreibend. Nach nur wenigen Stunden Schlaf musste ich früh aufstehen, um schnell noch Einleitung und Fazit hinzuklatschen (ohne sie mir danach noch einmal durchlesen zu können :D), die Arbeit auf CD zu brennen, nach Bonn zu fahren, dort die Arbeit drucken zu lassen und sie im Prüfungsbüro abzugeben. So blass und nervlich am Ende war ich nur selten in meinem Leben (das letzte Mal war kurz vor dem Work & Travel 🤣). Da ich mit der Deutschen Bahn nach Bonn fuhr, wollte ich kein allzu großes Risiko eingehen, indem ich erst den letztmöglichen Zug nehmen würde. Stattdessen verzichtete ich lieber auf die Extrazeit und fuhr eine Stunde früher. Glücklicherweise kam nichts dazwischen. Auch das Drucken der Arbeit würde wie erwartet eine Stunde dauern, ganz nach Plan also, sodass sich meine Nerven nach und nach beruhigen konnten. Am Ende gab ich die Bachelorarbeit sage und schreibe eine ganze Stunde vor Schließung des Prüfungsbüros ab 😌 Und mit der Endnote war ich auch mehr als zufrieden!

Jedenfalls: Bevor ich neulich zum Schrein gefahren bin, habe ich mir als Vorbereitung nochmal meine Bachelorarbeit durchgelesen. Und auch ihr sollt in den Genuss kommen, Ausschnitte aus ihr zu lesen! Da ich mit diesem Blog schließlich auch einen gewissen Bildungsauftrag verfolge, werde ich – wie jeder gute Akademiker – mich selbst zitieren und meine Behauptungen mit Auszügen aus der eigenen Bachelorarbeit belegen.

Der Schrein

Der Yasukuni-Schrein wurde im 19. Jahrhundert zur Zeit des Machtwechsels zwischen Shogunat und Kaiserhof errichtet, um die Seelen gefallener Soldaten beizusetzen. Zuvor wurde dies eigentlich wie heutzutage auch mit buddhistischen Ritualen erledigt, allerdings galt dieser zu der Zeit als verlängerter Arm des Shogunats (SCHONY 2018: S. 4-5). Genau die selbe Art von Instrumentalisierung geschah mit dem Shintoismus durch den Kaiserhof, die im Staats-Shinto gipfelte. Der Staats-Shinto wurde bis Ende des Zweiten Weltkriegs propagiert und betrachtete den Kaiser als göttliches Wesen und im Krieg das eigene Leben für das Land zu opfern als höchste Ehre. Wie dem auch sei, ich kürze das ganze hier mal ab. Die japanischen Soldaten und sonstige Militärs – darunter auch diejenigen, die als Kriegsverbrecher verurteilt wurden – wurden in das Schreinregister des Yasukuni-Schreins aufgenommen und verewigt. Dort werden ihre Geister als Gottheiten verehrt. Viele der japanischen Premierminister und auch der Kaiser höchstpersönlich statteten dem Schrein im Laufe der Jahre nach dem Krieg mehrere offizielle Besuche ab, was auf innenpolitischer Seite neutral bis gut aufgenommen wurde, außenpolitisch allerdings immer wieder für Spannungen und Konflikte sorgte. Deshalb hörte der Kaiser irgendwann damit auf und ging seitdem kein weiteres Mal hin (Stand 2018). Der japanische Premierminister hingegen, je nachdem, wer das Amt gerade innehatte, machte weiter damit. Auf der einen Seite kann man anzweifeln, ob Japan seine Geschichte kritisch genug betrachtet, auf der anderen Seite wäre es aber schon irgendwie asozial, den Gefallenen nicht mehr zu gedenken und deren Hinterbliebenen keine Beachtung mehr zu schenken. Auf jeden Fall ein sehr spannendes, wenn auch komplexes Thema (SCHONY 2018: 6-35).

Ich wünschte fast, ich hätte mir meine Bachelorarbeit nicht nochmal durchgelesen. Junge Junge… Wie ich dafür eine gute Note bekommen konnte, ist mir ein Rätsel. Dann lag es wohl doch allein daran, dass ich viel aus dem Buch meines Profs zitiert habe… Dass meine Einleitung und mein Fazit voller Fehler und generell ziemlich scheiße sind, ist ja keine große Überraschung. Aber wie kam ich auf die Idee, als Jura-Laie anhand von Gesetzesparagraphen die offiziellen Schreinbesuche auf ihre „Verwaffungswidrigkeit“ – ja, Verwaffungswidrigkeit 🤦‍♂️ – zu überprüfen und „zweifelsfrei“ zu einem eindeutigen Ergebnis zu kommen (SCHONY 2018: 26)? Darüber hinaus gibt es hier und da noch weitere Fehler und Formulierungen, die keinen besonders wissenschaftlichen Charakter aufweisen 😂

Aber genug von meiner Bachelorarbeit, zurück zum eigentlichen Thema. Das Gelände des Schreins ist vergleichsweise groß und offen, wenn auch etwas länglich gehalten. In der Vergangenheit war es tatsächlich weitläufiger und es wurden dort Pferderennen und andere Veranstaltungen abgehalten, mit dem Ziel, das Volk anzulocken und zusammenzubringen, um das Nationalgefühl zu stärken (SCHONY 2018: 5). Vom Hauptheiligtum gibt es wie immer keine Fotos :‘)

NACHTRAG: Vor dem Hauptheiligtum befindet sich eine Box, die Zettel mit einer „monthly message“ beinhaltet, welche man sich kostenlos mitnehmen kann. Dabei handelt es sich um monatlich wechselnde Nachrichten (Briefe etc.) von damaligen Soldaten, die vermutlich das Mitgefühl wecken und den Nationalstolz stärken sollen.

Steine von ehemaligen Schlachtfeldern
2023 ist das Jahr des Hasen.
Yushukan (Kriegsmuseum)

Ach so, auf dem Gelände befindet sich ein Museum über Japans Kriegsgeschichte. Ebenfalls ein umstrittener Punkt innerhalb der Debatte. Vor dem Museum und in der Eingangshalle gibt es ein paar Dinge zu sehen, die übrigen Bereiche kosten allerdings Eintritt und Fotos sind dort untersagt 🙄 Eigentlich schade, denn zu Beginn des Rundgangs waren schöne antike Waffen und Rüstungen und später eindrucksvolle Gemälde zu sehen.

Einen Bereich gab es dann doch in der Ausstellung, wo Fotos erlaubt waren.
Immerhin fleißig Stempel sammeln konnte man…

An manchen Stellen merkte man dem Museum seinen leicht glorifizierenden Charakter an, insgesamt war es aber auszuhalten (andererseits habe ich nicht alle Tafeln gelesen also ka). Kleiner „Fun“ Fact am Rande: Neben Kamikaze-Fliegern setzte die japanische Armee auch bemannte Selbstmord-Torpedos ein. Außerdem wurden Selbstmordkommandos in speziellen Taucheranzügen ausgebildet, die in Küstennähe auf anlegende feindliche Boote warten sollten, um sie dann, ausgerüstet mit einem langen Stab, an dessen Ende sich Sprengstoff befand, in die Luft zu jagen. Zum Einsatz kamen diese Einheiten nicht, jedoch gab es eine Anzahl an Todesfällen bei den Tests und Ausbildungen.

Als ich schon fast durch war und eigentlich keine Lust (und keine Zeit) mehr hatte, kam der Bereich, der bei mir persönlich den stärksten Eindruck hinterlassen hat. Dort waren nämlich Fotos, persönliche Gegenstände und Briefe von Kriegsgefallenen ausgestellt. Der Großteil der Briefe war auf Englisch übersetzt (mal besser, mal schlechter) und ich musste mir einfach jeden einzelnen davon durchlesen. Es waren nicht einfach nur interessante Einblicke in die Denkweise von z.B. Kamikaze-Piloten, sondern vor allem sehr bewegende Geschichten.

Der Kaiserliche Garten

Nach so viel herzzerreißender Tragik machte ich mich in Windeseile auf den Weg zum kaiserlichen Palast, wo ich mich mit meinen französischen Mitbewohnern (salut an dieser Stelle!) treffen wollte. Das war übrigens das erste Mal, dass wir uns außerhalb des sharehouses gesehen haben 😀 Die beiden waren bereits schon mal am Palast gewesen, hatten allerdings die eigenartig kurzen Öffnungszeiten verpasst. Wir gingen durch den Park in Richtung Palast, doch irgendwie schien jeder einzelne Zugang versperrt zu sein, obwohl er laut Google geöffnet haben müsste. Nach einigem Umherirren fragten wir schließlich an der Info nach und dort unterrichtete man uns davon, dass der Palast unzugänglich für die Öffentlichkeit ist und man dessen Gelände nur im Zuge einer Führung betreten kann. Diese findet zwei mal täglich statt; wir hatten für heute schon beide verpasst. Schade 🙁 Also spazierten wir stattdessen gemütlich durch den Park und machten ein paar Fotos, bevor wir uns auch schon wieder voneinander verabschiedeten.

Fertig!

Schon wieder die Red Hot Chili Peppers? Ja! Halt’s Maul! Das war mal mein Lieblingslied und ist bis heute für mich eines der besten Lieder aller Zeiten.

Literaturverzeichnis

Schony (2018): Der Yasukuni-Schrein und die Problematik der Schreinbesuche durch japanische Premierminister. unveröffentlicht.


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