Ich habe es ja bereits im letzten Beitrag angeteased und hier ist er nun: Der Beitrag über den Trip nach Enoshima. Ich bin mit einer Freundin zu der Insel gefahren und es war ziemlich cool. Sie (die Freundin, nicht die Insel) ist eine von denen, die ich damals im Shiba-Park kennengelernt habe und mit der ich im Spoccha gewesen bin. Da es das letzte Mal war, dass wir uns sehen würden (😢😭), mussten wir was cooles unternehmen. Obwohl sie schon ein paar mal auf der Insel gewesen ist, fuhren wir trotzdem dorthin. Sie (Die Insel, nicht die Freundin) liegt südlich von Yokohama, etwa zwei Stunden von Tokyo entfernt und ist relativ klein, sodass ein Tagesausflug genügt, um alles zu sehen. Da wir aus verschiedenen Stadtteilen kamen, reisten wir getrennt an. Es war einer dieser Tage, an denen ich pünktlich war. Gerade, als ich mein Mobiltelefon zückte, um zu schreiben, dass ich angekommen war, empfing ich die Nachricht „bin da.“ Ich drehte mich um und schon sah ich sie den Bahnsteig entlanggehen. Wir hatten wohl im letzten Stück der Route im selben Zug gesessen. Vom Bahnhof bis zur Insel war es nur ein kurzer Fußmarsch über die Brücke.

Das Wetter war – wie so oft – erste Sahne, die Sonne hat geschienen und es herrschten angenehme Temperaturen (genau genommen war es abwechselnd zu warm und zu kalt, also im Schnitt genau richtig). Wir gingen einfach die kleine Hauptstraße geradeaus zum Schrein entlang, die links und rechts gesäumt war von kleinen Souvenirläden und Fressbuden. Der Schrein war nichts Besonderes und mittlerweile hängen mir die Dinger eh zum Hals heraus, aber die Insel selbst bietet generell viel Grün und die vielen Treppen sind ein gutes Training für den Fuji im Sommer. Wir fuhren unseren Weg fort, am Schrein vorbei, mit noch mehr Treppen und kleinen Geschäften. Tatsächlich konnte man statt der Treppen auch Rolltreppen nehmen, die aber allen Ernstes 100 Yen pro Fahrt kosteten, wenn man kein Tagesticket oder so besaß (und pro Rolltreppe hat man nicht genug normale Treppen gespart, um diesen Preis zu rechtfertigen, finde ich).


Nach nicht allzu langer Zeit hatten wir schon das andere Ende der Insel erreicht. Der Ausblick konnte sich wirklich sehen lassen, mit Felsen in der Brandung und so. Links befanden sich Höhlen, die aber nur mit obligatorischer Führung zugänglich waren. Preislich war es noch okay, aber wir gingen zuerst nach rechts, an der felsigen Küste entlang. Schließlich war der Pfad zuende, doch theoretisch konnte man die felsige Küste weiter entlangkraxeln… Sollten wir uns wirklich von den archaischen und unterdrückenden Regeln der Gesellschaft aufhalten lassen? Nicht dieses Mal! Uns hatte die Abenteuerlust gepackt und wir verließen den vorgegebenen Pfad, für einen gefährlicheren, beschwerlicheren, echt herrlicheren Weg ohne Wiederkehr!
Bereits nach wenigen Minuten erreichten wir einen tödlichen Abhang, der schier unüberwindbar erschien. Der einzige Weg wäre gewesen, hinunterzuspringen, doch würden wir es auf dem Rückweg schaffen, über den Spalt an die Felswand zu hüpfen und diese wieder hinaufzuklettern? Zweifel über das Fortsetzen unserer Reise kamen auf. Doch wollten wir uns wirklich davon aufhalten lassen? Wohl kaum! Auf der Suche nach dem bestmöglichen Weg nahmen wir die auffällig treppenförmigen Einkerbungen, die sich dort am Rand befanden. Jenseits des Abgrunds erwarteten uns zwei Angler, ein in den Büschen verstecktes Lager für Angelzubehör und natürlich weitere Felsen. In den Pfützen entdeckten wir runde, pflanzenartige Wesen mit Tentakeln, die gelegentlich zusammenzuckten.

Wenig später kam uns das nächste Hindernis in den Weg. Ein Felsbrocken. Eigentlich war er leicht zu erklimmen, aber oben drauf lag etwas, das wie ein totes, gefiedertes Tier aussah. Vielleicht ein verunglückter Adler? Schließlich flogen sie hier zahlreich herum (teilweise huschten sie relativ nah an uns vorbei, wodurch man erst so wirklich realisiert, wie groß die Viecher eigentlich sind). Je mehr wir uns dem Tierkadaver näherten, desto mehr nahm es die Gestalt eines Hornissennests an. Bestimmt vom Baum runtergefallen. Da der Stich einer japanischen Hornisse nicht nur unangenehm, sondern sogar einigermaßen gefährlich sein soll, wollte ich nicht zu viel wagen. Das bedeutete dann wohl das Ende unseres Abenteuers. Meine naive Begleitung, die offensichtlich und im Gegensatz zu mir nicht wusste, wie ein Hornissennest aussieht, wollte meinem, durch jahrelange Lebenserfahrung feingeschliffenem, Expertenurteil allerdings nicht vertrauen… und ging törichterweise gefährlich nah an das Nest heran. Ihr könnt euch sicherlich denken, was als nächstes passiert ist…
Das Hornissennest stellte sich als zerfledderte Tragetüte aus Plastikfasern heraus. Und wollten wir uns wirklich davon aufhalten lassen? Oh nein, wir nicht! Wenig später trafen wir auf einen weiteren, etwas größeren Brocken, den man leicht hinaufklettern konnte. Auf der Suche nach einer Herausforderung kletterte ich jedoch an dessen Seite entlang; unter mir die reißenden Wellen der tosenden See.

Unser Weg führte uns weiter über steinige Steine, zwischen denen eine Vielfalt an angespültem Müll lag. Darunter eine leere Verpackung von „Rhythm Tengoku: The Best PLUS“ (im Westen veröffentlicht als „Rhythm Paradise Megamix“ (übrigens sehr cooles Spiel)) für den 3DS. Und ein Fußball.

Ein weiteres Hindernis musste umklettert werden. Es war die bisher größte Klettereinlage und sah gar nicht so einfach aus, aber wollten wir uns wirklich davon aufhalten lassen? Keineswegs! Vor uns schaffte es ein japanisches Pärchen in städtisch-stylischer Kleidung und die Frau hatte Absätze an, also wäre es doch gelacht, wenn wir es nicht versuchen würden! Tatsächlich war es nicht sooo einfach, die S-förmige Bucht entlangzuklettern, aber machbar. Kurz darauf erreichten wir ein Pier oder so, von wo aus man nicht mehr lange bis zur Brücke aufs Festland brauchen würde. Wir waren also gefühlt um die halbe, auf jeden Fall aber um ein gutes Stück der Insel gewandert/geklettert. Am Pier kehrten wir wieder um, damit wir noch rechtzeitig zum Sonnenuntergang wieder am Anfangsort unseres Abenteuers sein konnten.

Da der Rückweg deutlich schneller vonstatten ging, hatten wir noch genug Zeit für ein paar Bonusziele. Wir kletterten abwechselnd auf einen kilometerhohen Fels, mithilfe eines Seils, das dort hing. Erst war ich etwas skeptisch, da niemand weiß, wie lange es schon dort hing und wie belastbar es noch sein würde. Aber wollten wir uns von potentiell tödlich endenden Unfällen wirklich aufhalten lassen? …Hmm naja, also wenn man es so formuliert, ja, eigentlich schon… Und oben hatte ich auch ein leicht mulmiges Gefühl im Bauch, vor allem bei dem starken Wind… Aber was soll’s, ist ja alles gutgegangen!



Nach etwa 45 Minuten Rückweg kamen wir wieder am zementierten Pfad an. Die Höhlen waren schon zu, doch wollten wir uns von ein paar verschlossenen Gittertoren wirklich aufhalten lassen? Ja, doch, schon. In Japan bricht man nirgends ein, das wäre unhöflich. Stattdessen haben wir den Sonnenuntergang dafür genutzt, auf den Felsen in der Brandung fantastische Schnappschüsse aufzunehmen.


Erschöpft und ausgehungert gingen wir den treppenreichen Weg zurück zur Brücke. Am Aussichtspunkt warteten wir noch etwas, in der Hoffnung, dass der Sonnenuntergang noch roter und atemberaubender wird, aber das wurde er nicht. In der Stadt angekommen, suchten wir vergeblich nach günstigem Essen, also fuhren wir in das drei Stationen entfernte Fujisawa und aßen dort genüsslich im KFC, der zwar auch nicht unbedingt günstig ist, aber naja.
Der Ausflug nach Enoshima war spitzenklasse! Definitiv eines meiner Highlights bisher, vielleicht sogar auf Platz 2 (nach Sapporo), aber ich führe meine Rangliste nicht so genau. Die Steine rauf- und runterzulaufen, das Klettern, Posieren, Fotos zu schießen und sonstigen Blödsinn zu machen hat einfach irre viel Spaß gemacht! Ich bin froh, mit jemand genauso abenteuerlustigem unterwegs gewesen zu sein. Zudem kann sich die Insel selbst ebenfalls sehen lassen, mit vielem Grün, kleinen Höhlen und Ritzen in den Wänden, aus denen Wasser austritt und natürlich dem Meer und seinen Wellen, die auf die Felsen in der Brandung schlagen und hoch emporspritzen.
Eine Antwort zu “Ausflug nach Enoshima”
Abgesehen davon, dass eure Gegenderkundungen super interessant und die Beweisfotos dazu wunderschön sind, war eure Kletterpartie doch ganz schön gefährlich! 😯 🙆♀️
Da muss man wirklich viel Mut haben…Hut ab ihr beiden👍